… ein Kriegsende, das ich als Kind miterlebte.
Mai 1945. Ein düsterer Raum, ebenso die Stimmung meiner Eltern, voller Sorgen auch um meine beiden entfernt wohnenden Geschwister, zu denen wir damals keine Verbindung hatten. Ein Telefon, wie heute üblich, gab es nicht für uns.
Mein älterer, knapp 16-jähriger Bruder hatte sich seit langem bei Verwandten verstecken können. Zu tief saß die Furcht, irgendwo noch einmal eingesetzt zu werden, nachdem er als 14-jähriger 1943 bei den Überschwemmungen mit vielen Toten nach der Bombardierung der Möhnetalsperre in der „Operation Chastise“ („Züchtigung“) verpflichtet worden war. Meine 14-jährige Schwester lebte seit mehr als einem Jahr schon in einer fremden Familie in einem Ort des Münsterlandes, von dem man damals annahm, es würde von Bombenangriffen verschont bleiben, weil dort im weiten Umkreis keine Bombenziele angenommen wurden. Die Realität sah aber anders aus.
Zusammen mit meinen Eltern stand ich am Fenster. Meine Mutter hielt meinen 4 Monate alten Bruder auf dem Arm und schaute gebannt durch einen Vorhangschlitz. Im Dämmerlicht, da Licht im Haus gefährlich war, beobachtete mein Vater durch das Fernglas den ca. 2 km entfernten Weg vor dem Wald. „Es ziehen Panzer auf,“ rief er erleichtert, „jetzt ist der Krieg bald zu Ende.“ Nach und nach entdeckte er die weißen Tücher in den Fenstern. Nur an den Moment kann ich mich noch erinnern, als meine Eltern ebenfalls ein weißes Tuch aushingen, an viel mehr nicht.
Sehr bewusst allerdings war mir damals als Neunjährige schon, dass nun endlich die schlimmen letzten Monate vorbei sein würden. Keine nah am Kopf vorbei zischenden Leuchtkugeln mehr während der Flucht vor den Bomben in ein abgedecktes Erdloch des Nachbarn, um nicht im Bombenhagel unter Haustrümmern zu sterben. Beim Lesen der späten Kriegsberichte, dass Panzer auf der Stelle mehrfach rotierten, wenn sie solch einen Unterschlupf entdeckten, stockt mir noch nach Jahren förmlich der Atem.
Heute, 70 Jahre danach, tragen viele Menschen noch schwer an dieser Zeit. Von mir kann ich sagen, dass ich inzwischen die traumatischen Erlebnisse einigermaßen aufgearbeitet habe, wenngleich sie niemals ausgelöscht werden können. Für meine Kinder, Enkel und alle, die diese Zeiten nicht erlebt haben, gibt es neben den Geschichtsbüchern und den persönlichen Beschreibungen inzwischen mehrere Internetportale, die genau die letzten Monate vor Kriegende darstellen.
Im Lebendigen Museum Online LeMO finden Sie die Deutsche Geschichte im Zeitstrahl von 1815 bis zur Wiedervereinigung 1989. Weiterhin schließt sich schon die Zeit der Globalisierung 2001 an.
Für einige Städte Deutschlands war der Krieg schon vor dem 8. Mai 1945 beendet. Dazu gehörten viele Orte in Niedersachsen. Der Norddeutsche Rundfunk hat eine ausführliche Dokumentation der Ereignisse mir Einzelbeschreibungen und Zeitzeugenberichten zusammengestellt. Sehr sehenswert. Nicht nur für Norddeutsche. Auf den folgenden Seiten sind erstmals Kriegstagebücher, Rundfunkansprachen, Bilder und Texte zu finden. Jeder Tag ist gespickt mit Informationen, die hoffentlich in dieser Form für alle Generationen weiterhin lange Jahre zur Verfügung stehen werden.
Die Stiftung niedersächsischer Gedenkstätten lässt uns mit einem Zeitstrahl in ihrem Blog „70 Tage Gewalt, Mord. Befreiung – das Kriegsende in Niedersachsen“ Tag für Tag die letzten Tage und Stunden in Niedersachsen miterleben. Jeder Tag berichtet von den unterschiedlichsten Orten, von Lagern und Hinrichtungsstätten, Konzentrationslagern, den Greueltaten und einfach vom Unfassbaren aus dem Alltag der Menschen, und gibt Aufschluss über das Leid im gesamten Norddeutschen Raum, das stellvertretend für alle Kriegsgebiete stehen könnte.
Ein umfangreiches Wissensportal zur Politischen Bildung ist die Internet-Plattform „Politische Bildung“, die von der Bundesarbeitsgemeinschaft Politische Bildung Online (BAG) betrieben wird. Ihre Mitglieder sind die Landeszentralen für politische Bildung aller Bundesländer mit Ausnahme Niedersachsens.
Hier gleich die Seite zum Ende des 2.Weltkrieges.
Margret Budde