(ebr) Stellen Sie sich vor: Plötzlich gibt es sie nicht mehr „Die Mediengesellschaft“!
Der Fernseher bleibt dunkel, die Zeitung kommt nicht, die Kinder haben keine Schulbücher, die Eltern haben nichts zum Schmökern. Es kommen aber auch keine Rechnungen mehr ins Haus, und die vielen Reklamesendungen verschonen uns!
„Gibt es nicht!“ werden Sie sagen.
Mit Recht sagen Sie das. Denn wir haben Gedrucktes im Überfluss, wir leben in der Zeit nach Johannes Gutenberg, dessen Erfindungen uns täglich einen reich gedeckten Lesetisch servieren! Die Stadt Mainz ist stolz auf ihren Sohn, den Geburtshelfer der Printmedien, der um 1450 den Buchdruck mit beweglichen, wiederverwendbaren Lettern erfand und mit deren Schnitt, Guss, Satz und Abdruck begann. Der gelernte Goldschmied kreierte dazu eine prachtvolle tiefschwarze Tinte, die wir heute noch im Mainzer Gutenberg-Museum in der 42-zeiligen Gutenberg-Bibel bewundern können.
Diese Tinte ist quasi die Dienerin der gotischen Antiqua-Schrift, die Gutenberg in dieser Bibel zur höchsten Blüte brachte. Er arbeitete von ca. 1452 bis 1455 daran, diese neue Bibel herzustellen. Und zu Recht gehört dieses von Gutenberg in jeder Phase gestaltete Druckwerk zum „Weltkulturerbe“, den Schätzen der Menschheit. Wie viel Mühe, Entsagung, Fachwissen und Intuition dazugehörten, dieses Buch zu erdenken, auszuführen, zu vollenden, kann man kaum nachempfinden.
Man verstehe: Der Drucker ist seit jeher ein Künstler, der gestaltend an seinem Arbeitsplatz steht. Er fühlt sich jahrtausendealten Künsten verpflichtet, die den Menschen dazu dienten, Gedanken und Gesprochenes festzuhalten. Dieses Wissen wurde im 15. Jahrhundert in Mainz zur höchsten Blüte gebracht, von einem einzigen Menschen, Johannes Gutenberg!
Denn dieses Wissen und Wünschen trieb auch den zwischen 1394 und 1399 in Mainz geborenen Patriziersohn Johannes um, der sich nach seinem Elternhaus Gutenberg nannte. Er erkannte, dass die bis dahin gepflegte Art der handschriftlichen Vervielfältigung von Schriften oder die Benutzung von einzelnen handgefertigten Lettern nicht nur zu kostspielig, sondern auch der Verbreitung von Wissen hinderlich war. Bisher befassten sich im heutigen deutschen Raume nur die Mönche in den Klöstern mit dem Abschreiben und Vervielfältigen von zumeist liturgischen Schriften. Diese wurden auf Pergament niedergeschrieben, mit farbigen Anfangs-Großbuchstaben reich verziert, oft auch mit Darstellung von Heiligen auf Goldgrund. Auch die Urkunden der Herrschenden wurden so hergestellt.
Die Bevölkerung bestand größtenteils aus Analphabeten. Wir kennen noch aus der Bibel das Wort „Schriftgelehrter“ – einen Beruf, den es heute wohl nicht mehr im deutschen Raume gibt.
Gutenberg sei Dank!
Denn dem Erlernen des Alphabets dienlich ist der Besitz einer Fibel, die es wahrscheinlich erst nach 1500 gab. Johannes Gutenberg, dem die Menschheit so viel verdankt, hatte ein schweres Leben. Zwar scheint seine Jugend im Elternhaus glücklich gewesen zu sein, aber um 1425 gewannen die Handwerker in Mainz die Oberhand über die Patrizier, zu denen Gutenberg gehörte.
Ernste Unruhen zwangen Gutenberg im Herbst 1428 nach Straßburg auszuwandern. Hier widmete er sich angestrengt seiner Erfindung der Buchdruckerkunst mit beweglichen Lettern, einer völligen Neuheit. In Straßburg machte er vielfache Versuche, trug sich auch mit dem Gedanken, ein Gießinstrument herzustellen, das nach jedem Guss einer Letter sofort dieselbe Letter wieder herstellt. (Wir finden diese Mechanik ähnlich in der heutigen Linotype). Nach zwei Jahren in der Verbannung durften die Mainzer Patrizier zurückkehren. Auch der Erfinder der Buchdruckkunst durfte heimkehren. Daheim begann Gutenberg sofort mit weiterer Vervollkommnung seiner neuen Art der Herstellung von Drucken.
Hierzu benötigte er aber Geld, das er sich leihen musste, verbrauchte und wiederum leihen musste. Dafür verpfändete er seine sämtlichen Druckwerkzeuge, geriet in Schuldhaft, konnte nicht zurückzahlen und musste seinen Betrieb aufgeben. Sein Leihgeber war erbarmungslos und trieb Gutenberg ins Elend. Und obgleich er als Erfinder der Buchdruckerkunst heute in größtem Ansehen steht, starb er doch völlig verarmt am 3. Februar 1463 in Mainz. Seine Grabstätte ist nahe des Gutenberg-Denkmals in Mainz. Hier darf sich jeder einmal in Ehrfurcht verbeugen (zumindest in liebevollem Gedenken), der schon das Glück hatte, ein gedrucktes Buch in der Hand zu halten, daraus zu lernen, die Welt in ihrer ganzen Fülle zu erleben oder einfach nur zu träumen!
Und wer das Glück hat, eine ganze Reihe von Büchern zu besitzen, wird erkennen, dass sogar Goethe nicht so berühmt geworden wäre, hätte Cotta seine Werke nicht nur verlegen, sondern auch drucken lassen. Allerdings hat Gutenberg selbst kein Buch geschrieben. So weiß man nicht viel über sein Leben, doch man erkennt ihn an seinen Werken.
Sie dienen der Menschheit!
Elly Bröcker
Bilder: Wikimedia gemeinfrei