Erzählungen
(wabi) Archäologen wussten lange schon, dass dieser Hügel mal bewohnt war vor langer, langer Zeit, nämlich das weiß man inzwischen genauer, seit etwa 600 Jahren vor der Geburt Christi. Die Fürstin mag wohl andere Götter angefleht haben, wenn sie sich in Gefahr befand, als wir heutzutage.
Um den Wohnort der Fürstin hatten rund fünftausend Menschen mit ihren Familien ihre Häuschen mit dicken Balken aus dem nahegelegenen Wald hergestellt, eines neben dem anderen mit schmalen Gängen zwischen dem eigenen und dem des Nachbarn. So schufen sie sich nicht nur einen eigenen Schutz, sondern teilten ihre mühsam gewonnene Sicherheit mit dem nächsten Bewohner und seiner Familie. Jeder Clan, so hat man den Eindruck, nahm mit Behutsamkeit Rücksicht auf den Nächsten und half ihm, ebenso sicher existieren zu dürfen wie alle anderen, die sich im Laufe der Zeit auf 5000 Menschen vermehrten. Herodot vermutete eine große Stadt am Ursprung der Donau, namens Pyrene. Sie soll einmal abgebrannt und wieder aufgebaut worden sein. Jahrzehnte später sind die Bewohner weiter gezogen und haben ihre Stadt verlassen. Das weitere Ergehen muss man den Archäologen und ihren Funden anvertrauen.
Das Bild zeigt die Enge des damaligen „Dorfes“, das von einer Umfassungsmauer mit Wehrgang geschützt war. Man hat den Eindruck, als hätten die Bauern auf der Alb sich dort Ideen geholt für die Gründung ihrer Niederlassungen, Jahrhunderte später. Auch diese Dörfer waren einst geschützt durch einen selbst geflochtenen Zaun rundherum, die Seiten der niedrigen Häuser waren mit Balken und von Ästen geflochtenen Wänden ausgefüllt, die Dächer waren mit Strohgebinde bedeckt.
Das Steintor
Der monumentale Zugang zur Keltenstadt Heuneburg
Im Jahr 2005 kamen bei archäologischen Ausgrabungen Überreste eines monumentalen Steintores zu Tage: Der Eingang zur Kelten Stadt Heuneburg. Aufgrund seiner beeindruckenden Größe war die repräsentative Toranlage im 6. Jahrhundert vor Christus im gesamten Raum nördlich der Alpen einzigartig.
Die Befestigungen
Befestigungsanlagen der Heuneburg im Wandel der Zeit
Die Bewohner schützten den Burgberg in verschiedenen Epochen durch unterschiedliche Befestigungssysteme mit vorgelagerten Gräben. Als älteste nachgewiesene Befestigungen auf der Heuneburg wurde eine einfache Holzpfostenmauer errichtet, die vermutlich zu Beginn der Mittelbronzezeit gegen 1600 vor Christus entstand. (Abb. 1)
(alle Bilder sind mit einem Klick zu vergrößern)
Erst im Laufe der Eisenzeit wurden wieder Befestigungsanlagen errichtet. Um 620 vor Chr. erbaute man eine Holz-Erde-Mauer, die bereits zwanzig Jahre später durch eine in ganz Mitteleuropa einzigartige Wehranlage ersetzt wurde. (Abb. 2)
Nach dem Brand der Lehmziegelmauer errichten die Bewohner der Heuneburg erneut eine Umwehrung in traditioneller Bauweise. Die jüngste Befestigung von 530 – 460 vor Christus bestand aus senkrechten Pfosten, horizontalen Langhölzern mit Querankern und einer Erde-Schutt-Verfüllung. In der letzten Ausbauphase war sie mit einer Verblendung aus Kalksteinen versehen. (Abb. 3)
Das Umland
Gewaltige Außensiedlung und monumentale Großgrabhügel
Im Vorfeld der Heuneburg entstand in der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts vor Christus, zur Zeit der Lehmziegelmauer, eine gewaltige Außensiedlung. Nur kurze Zeit später, um 540 v. Chr., wurde die Außensiedlung wieder aufgegeben und die Menschen errichteten auf ihren Überresten große Grabhügel. In den Grabhügeln der Talhau-Nekropole wurden goldene Hals- und Armringe sowie wertvolles Bronzegeschirr gefunden. Nach Aufgabe der Außensiedlung blieb nur im Süden eine Niederlassung bestehen. Im Nordwesten wurde ein Bestattungsplatz mit vier großen Grabhügeln angelegt. Die wertvollen Beigaben der hier Bestatteten lassen erkennen, dass es sich um die Grablegen einer sozialen Elite handelte.
Die Mauertürme – Bastionen auf der Heuneburg
Die Lehmziegelmauer besaß auf der Westseite des Burgplateaus eine Reihe von vorspringenden Türmen. Diese boten nicht nur Schutz, sondern sie verdeutlichten auch den repräsentativen Charakter der Heuneburg. Wie die Mauern waren die Türme in dieser Zeit für den Raum nördlich der Alpen einzigartig.
Die Konstruktion der Lehmziegelmauer
Sie weist Einflüsse aus dem Mittelmeerraum auf. Die ursprüngliche Höhe des Ziegelwerks dürfte 3 bis 4 m betragen haben. Die Mauer wurde gegen die aufsteigende Feuchtigkeit durch einen 3 m breiten und bis zu 1,60 m Mauersockel aus Kalk, Sand- und Tuffsteinen geschützt. Zwischen den zwei Mauerschalen waren Bruchsteine und Steinsplitt eingefüllt. Ein wasserabweisender Kalkputz an den Außenwänden und ein überdachter Wehrgang schützten gegen das Eindringen von Regenwasser in den Mauerkern. Nach der Mitte des 6. Jahrhunderts v. Chr. zerstörte ein verheerender Brand die Lehmziegelmauer. Danach kehrte man wieder zur traditionellen Holz-Erde-Architektur zurück.
Vertiefende Literatur
- Führer in Buchform aus dem Jahre 1983, der von Professor Wolfgang Kimmig, dem damaligen Leiter des Denkmalamts, herausgegeben wurde und sich sehr spannend liest.
- Katalog von 1985 zur Ausstellung in Stuttgart, auch vom Landesdenkmalamt Baden-Württemberg gestaltet mit dem Titel: „Der Keltenfürst von Hochdorf. Methoden und Ergebnisse der Landessarchäologie“.
- Die Methoden und Ergebnisse der Landesarchäologie, bzw. der Katalog beschreiben weitere Untersuchungsergebnisse.
- Im Süddeutschen Raum, wie: „Grabhügel der Hallstattzeit. Die Begräbnisstätten früher Kelten“. Im selben Buch hat Alfred Czarnetzki das Lebensbild des Keltenfürsten von Hochdorf beigesteuert.
Der Keltenfürst von Hochdorf wird von fünf Fachleuten literarisch beschrieben, z.B.
- Die Ausstattung des Toten
- Die Textilien im Grab von Hochdorf als Zeugnisse frühen Kunsthandwerks.
- Pflanzliche und tierische Reste aus dem Fürstengrab.
- Der Kessel von Hochdorf ein Zeugnis griechischer Kultureinflüsse
- Bronze- und Goldfunde
- Die keltische Viereckschanze ein Heiligtum?
w a b i
Fotos: © w a b i
Als ich den Artikel über die Heuneburg gelesen habe, fiel mir der Keltenfürst vom Glauberg (Vogelsberg)ein. Ein lohnendes Ziel, sich mit der Kultur der Kelten zu befassen, eine aufbereitete Gegend mit einem schönen Museum und eben die Statue vom Keltenfürst. Die Gegend kann unter dem Link
http://www.gudrun-kauck.eu/Ausflugtipps-GlaubergFuerstengrab.html
besichtigt werden.
Schade, dass die Kelten keine Schriftkultur hatten.
Erna
Vielen Dank für Deinen Kommentar, Erna, ich gebe ihn sofort weiter. Du machst einen sehr interessanten Vorschlag, den wir auch schon seit einiger Zeit im Visier haben, gibt es doch dazu schon etliche Hintergründe im Netz und vor allem neue Funde im Süden Deutschlands. Wir sind dabei, es auch als neues Thema an unsere Pinwand zu heften. Vielleicht „Keltenfunde in Deutschland“ oder etwas weiter gegriffen „Kelten“ allgemein. Eventuell hat noch jemand eine Idee dazu? Es gibt einfach so vieles zu entdecken. Besonders schön ist auch Dein weiterführender Link. Danke!
Margret
Nachlesen zu können, was ich in einer persönlichen Führung vor 3 Jahren schon einmal erfahren habe, ist sehr beeindruckend und bringt alles wieder in Erinnerung. Besonders interessant war für mich, dass man hier die von Herodot beschriebene Stadt „Pyrene“ vermuten kann. Der Besuch vor 3 Jahren war mein zweiter Besuch – aber mit einer sehr detaillierten Führung. Ich kann den Besuch der Heuneburg nur empfehlen!
Ganz herzlichen Dank! Wir freuen uns mit dem Schreiber, dass dieser Bericht guten Anklang findet und werden die Nachricht sofort weiterleiten. Ich persönlich habe auch schon viel darüber gehört, es aber bisher noch nicht geschafft, dort auch einmal eine Besichtigung zu machen. Vielleicht klappt es bei meiner nächsten Fahrt in den „Süden“ von Münster aus. Wenn ich mich recht erinnere, wurde hier in Münster im letzten Jahr über einem neuen archäologischen Fund im Großraum Stuttgart berichtet, dem ich aber nicht nachgegangen bin, da mir eine Recherche von Münster aus ein wenig schwierig erschien. Vielleicht hört man ja mal etwas davon. Wäre wirklich sehr interessant.