Oder was uns die Phänologie dazu sagen kann
Haben Sie ihn gar schon gesehen, den Frühling? Ich bin heute mal auf die Suche gegangen: Fönwetter im Südwesten, mit Sturm, der aus dem Nordwesten zu uns kommt und leider verhindert, den Baumpilzen im Wald einen Besuch abzustatten, war zu gefährlich. Aber 18 Grad und Sonne, da soll im Weinberg wohl in der Pflanzenwelt etwas vom Frühling zu sehen sein. Es sah wenigstens so danach aus.
Fachwissenschaftlich korrekt ausgedrückt habe ich versucht Phänologie zu betreiben, also die im Jahresablauf periodisch wiederkehrenden Wachstums- und Entwicklungserscheinungen der Pflanzen zu beobachten. In der Phänologie werden die Eintrittszeiten charakteristischer Vegetationsstadien (Phasen) beobachtet und festgehalten. Sie stehen in enger Beziehung zur Witterung und zum Klima und eignen sich daher für die verschiedensten Anwendungsgebiete und für vielseitige wissenschaftliche Untersuchungen.
Was also steht für den Frühling? Für die Gartenbesitzer sind es sicherlich zunächst einmal Schneeglöckchen, Winterling und Krokus. Wer eine Salweide hat, auch diese, die Forsythie, natürlich, und in der Natur dann die Haselnuß, in der Grasnarbe der Hufflattich. Aber dabei ist zu wissen, dass auch diese Frühlingszeiger eine gewisse Reihenfolge einhalten: den beginnenden Vorfrühling kann man an Haselnuß, Schneeglöckchen und Winterling erkennen. Hufflattich und Schwarzerle dagegen blühen erst in der Mitte des Vorfrühlings. Der Krokus z.B. blüht eigentlich erst gegen Ende des Vorfrühlings und läutet damit den Erstfrühling ein.
Die Phänologischen Jahreszeiten, von denen es 10 gibt, werden also durch bestimmte Wachstumsstadien an ausgewählten Pflanzen – sogenannte Leitphasen – fixiert. Graphisch dargestellt ergibt es dann den phänologischen Kalender. Anhand dieser phänologischen Phasen lässt sich aber auch das phänologische Jahr konstruieren. So berechnet man für bestimmte Gebiete oder bestimmet Zwecke solche phänologischen Uhren. Und aus all dem kann man dann die Vegetationszeit, die natürlich auf Grundlage der wildwachsenden Pflanzen definiert wird, bestimmen.
Der Deutsche Wetterdienst hat einiges Wissenswertes auf seiner Webseite:
Phänologie
Phänologischer Kalender
Phänologische Uhr
Vegetationszeit
Die Fachleute haben nur eine begrenzte Zahl von Pflanzen und ihren jeweiligen Entwicklungsstand ausgewählt, um z.B. für die Landwirtschaft, aber auch für die Medizin (Pollen) und für Medien- und Reiseunternehmen behilflich zu sein. Es sind wildwachsende Pflanzen und Kulturpflanzen. Durchgeführt wird die Erfassung dieser Wachstums- und Entwicklungserscheinungen beim Deutschen Wetterdienst (DWD). Dabei sollte nicht unerwähnt bleiben, dass diese gefragten Daten der Pflanzenentwicklung von ehrenamtlichen Pflanzenbeobachtern zusammengetragen werden. Und es werden sogar solche in verschiedenen Regionen gesucht. Wer sich interessiert, mag hier nachlesen https://www.dwd.de/DE/klimaumwelt/klimaueberwachung/phaenologie/daten_deutschland/beobachtersuche/phaenologische_beobachtungen.html?nn=575620
Wer sich für genauere Informationen interessiert, z.B. für den aktuellen Entwicklungsstand der Schneeglöckchen oder Haselnussblüte in Deutschland, mag die Webseite des DWD besuchen. Zu finden sind hier etwa tagesgenaue Einträge in die Karte, für Deutschland und die Bundesländer.
Noch wenig Frühling im Weinberg
Was also konnte ich heute finden? Die Schneeglöckchen, ein verirrtes im Weinberg, und sehr viele in den angrenzenden Gärten. Aber was ist mit dem scheinbar ebenso verirrten Krokus, der nur eine Handbreit neben dem Schneeglöckchen schon in voller Blüte stand. War er zu früh oder das Schneeglöckchen zu spät? Oder ist Letzteres nicht eigentlich ein Dauerbrenner im Frühling? Ansonsten war meine Ausbeute gering, die allgegenwärtigen Gänseblümchen noch. Aber erste Spitzen der Päonien (Pfingst- oder Bauernrosen) trauen sich heraus. Da hat man wenigstens die Hoffnung auf Frühling und Sommer, wenn sich ansonsten die Frühlingsboten auch zurück halten. Ach ja, an der so wichtigen Zeigerpflanze Haselnuß bin ich heute nicht vorbei gekommen. Aber sie blüht, auch hier im Südwesten, ich habe sie schon gesehen.
Ellen Salverius-Krökel