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Literatur – aufgelesen

Ursula K. Le Guin – National Book Award der USA 2014

Gestern haben sicherlich die meisten Literatur-Interessierten nur über die Shortlist des Deutschen Buchpreises gesprochen und sich kundig gemacht, wenige dagegen über die Vergabe des amerikanischen National Book Award (Kategorie Lebenswerk). Den nämlich hat eine große, hochdekorierte Erzählerin der amerikanischen Literatur, hier der Science Fiction-Literatur, bekommen: Ursula K. LeGuin. Nicht bekannt? Nun ja, eben Science Fiction, nicht jedermanns Sache. Wiewohl, in diesem Fall sollte oder dürfte es ruhig anders sein, und so wird hier gleich mal aufs wärmste empfohlen, sich dieser Autorin anzunehmen.

Der Natinal Book Award ist neben oder nach dem Pulitzer Preis der wichtigste Literaturpreis der USA, der seit 1950 verliehen wird, u.a. an solch herausragende Autoren wie Saul Bellow, Jonathan Franzen, William Faulkner, Joyce Carol Oates, Richard Powers und Philip Roth. Die 84-jährige LeGuin erhält ihn am 19. November für ihr Lebenswerk. Darunter machen gleich mal solche Titel wie „The Left Hand of Darkness“ (auf Deutsch „Die Linke Hand der Dunkelheit“, oder auch unter dem Titel „Winterplanet“ herausgegeben) Lust aufs Lesen. Sie hat Romane Erzählungen, Gedichte, Essays und Kinderbücher geschrieben. Für letztere hat sie bereits 1973 den National Book Award bekommen.

Manchem Leser wird vielleicht die Science Fiction-Literatur nicht so zugänglich erscheinen oder weniger Tiefgang vermuten lassen, dass eher wenige oder keine „Botschaft“, keine tiefer gehende Bedeutung dahinter steckt. Dass dies gerade im Fall von LeGuin nicht der Fall ist, kann man guten Gewissens behaupten, oder sich zur Vergewisserung den Aufsatz Erzälend die Welt begreifen. Die Science Fiction der Ursula K. Le Guin, von J. Körber, (Link s.u.) vornehmen, oder aber einfach mal die eine oder andere Erzählung von ihr lesen. Denn, ihre Erzählungen (z.B. in Ein Fischer des Binnenmeeres) haben viel zu sagen zu und über die Zeit, in der sie entstanden sind, die späten 60er und frühen 70er Jahre. Denn auch in den USA gab es massive Studentenunruhen, vor allem gegen den Vietnam-Krieg. Aber zunächste einmal wird man beim Lesen unbedingt ihre gekonnten Schilderungen von Stimmungen bewundern in einem Stil, der vielleicht weniger dem 20. Jahrh. zu entstammen scheint, als vielmehr dem des 19.Jahrhunderts (Körber). Vielleicht wird man auch durch eben diesen Stil dazu verleitet, weniger auf die Botschaften zu achten, die dahinter stecken. Sie sind in Form von politischen, gesellschaftlichen Parabeln zu finden, die nur erkannt werden wollen. Und hat man sie dann erkannt, wird man von deren Fülle erstaunt sein.

Was aber bringt eine Autorin in den 50er, 60er, 70er Jahren dazu Science Fiction zu schreiben? Im Vorwort zum o.gen. Erzählungsband schreibt sie: „Was ich an und in der Science Fiction schätze, schließt folgende Vorzüge ein: Vitalität, Größe und exakte Phantasie; Verspieltheit, Vielfalt und ausdrucksvolle Metaphern; Freiheit von konventionellen literarischen Erwartungen und Manierismen; moralische Ernsthaftigkeit; Geist; Verve; und Schönheit.“  Und am meisten hat mich selbst überzeugt, dass Science-Fiction-Literatur, wenn die denn Schauplätze außerhalb unserer Realität beschreibt, so ungeheuer realistisch schildern muß, damit der Leser sich diese Welt auch wirklich vorstellen kann. Diese Schauplätze, Welten, sind nämlich häufig weder in unserer Zeit, noch auf unserem Planet zu finden; die zu beschreiben, also den Lesern vorstellbar zu machen und in einer hohen Qualität anzubieten, dazu gehört schon ein großes literarisches Können. Dass dabei die Studentenunruhen in ihrer Heimatstadt Berkeley/Kalif. einen Einfluss auf ihr Schreiben gehabt haben, ist unübersehbar. In einem ihrer Meisterwerke, „The Dispossessed“ (dt. Planet der Habenichtse) kommt die Sehnsucht nach politischen und gesellschaftlichen Veränderungen, Gewaltfreiheit und Kritik an den herrschenden Zuständen  immer wieder zum Ausdruck. Die ersehnte „Utopie“ wird zwar verwirklicht, aber ob sie das Paradies ist, bleibt fraglich.  Und auch vor ganz großen Fragen schreckt die Autorin hier nicht zurück, z.B. wieviel individuelle Freiheit eine gesellschaftliche Ordunung eigentlich erträgt. Auch heute noch eine nicht beantworteet Frage, auch wenn man manches doch anders sehen würde. Aber die späten 60er und frühen 70er Jahre waren, das kann und muß man ungeschmälert konstatieren, ungeheuer prägend.

Die weitere Entwicklung der Autorin läßt sich dann sehr gut in den Kurszgeschichten des bereits genannten Buches „Der Fischer des Binnenmeeres“ ablesen. Waren die großen Romane geprägt von den Unruhen der 60er Jahre mit ihrem Wunsch nach Veränderungen, so sind ihre späteren Erzählungen geprägt von der Erkenntnis, dass die Zeit der Utopien vorbei ist, gesellschaftliche Veränderungen wird es so nicht geben. Diese und weitere „Botschaften“ erklärt wohl am besten der Aufsatz „Erzählend die Welt begreifen. Die Science Fiction der Ursula K. LeGuin“, dem ich auch einige meiner Gedanken entlehnte. Wer also mehr über die Autorin, ihr Leben, ihr Schreiben erfahren möchte, dem sei der genannte Text ans Herz gelegt. Darüber hinaus sollte man dann aber unbedingt etwas vom Werk dieser großartigen Autorin lesen. Warum nicht einmal in eine ganz andere Welt eintauchen, indem man sich in andere Welten, auf andere Planeten mitnehmen läßt? Und wem der Botschaften zuviel sind, der kann LeGuin trotzdem lesen, denn ihre Geschichten sind eben auch Geschichten, von denen man sich wunderbar fortragen lassen kann. Science Fiction-Literatur vom Besten, Literatur vom Feinsten. Und weil ich viellelicht selbst so begeistert bin von dieser Autorin, kann ich mich dem Urteil des britischen Guardian nur anschließen: „… es konnte keinen besseren Preisträger geben!“

Bibliographische Anmerkung: Viele Titel von Ursula K. LeGuin sind mittlerweile vergriffen, so dass es heißt, auf antiquarische Ausgaben zurückzugreifen, aber die gibt es wenigstens ausreichend. Oder aber man geht mal wieder in die Bibliothek!

Ursula K. Le Guin    eine kurze Biographie

Erzählend die Welt begreifen. Die Science Fiction der Ursula K. Le Guin von Joachim Körber, 2002

Literatur von und über Ursula K. Le Guin   im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek

Englische Webseiten:

Associated Press: Le Guin wins honorary Natinal Book Award

Ihre offizielle Homepage

Der britsiche  The Guardian über den National Book Award für Ursula K. Le Guin

Ellen Salverius-Krökel 

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